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2 Jahre auf Kaffeefahrt - Suzuki Cappuccino Test

30.07.2021 17:36    |   Bericht erstellt von Mugen

Testfahrzeug Suzuki Cappuccino F6A
Leistung 64 PS / 47 Kw
Hubraum 657
Aufbauart Cabrio/Roadster
Kilometerstand 56523 km
Getriebeart Handschaltung
Nutzungssituation Privatwagen
Testdauer mehr als ein Jahr
Gesamtnote von Mugen 4.5 von 5
weitere Tests zu Suzuki Kei-Car Cappuccino anzeigen Gesamtwertung Suzuki Kei-Car Cappuccino 4.5 von 5
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Einleitung

Ein rechtsgelenkter "Micro-Roadster" in den Tiroler Alpen?! Wie kommt man auf sowas, werden sich nun viele denken. Einige von euch kennen ihn sicher noch aus der bekannten Rennspiel-Serie Gran Turismo. Dort gab es seiner Zeit sogar eigene Cups wo man nur mit dem Auto fahren durfte. Ich persönlich habe mich allerdings erst richtig für das Auto interessiert, als ich es 2018 in Akihabara, Tokio gesehen habe. Da dachte ich mir, sowas brauch ich auch.

 

Wieder zurück aus Japan habe ich mich mal auf die Suche gemacht und war erstaunt, dass in Europa doch einige Fahrzeuge angeboten wurden. Nach einer bitteren Enttäuschung mit einem "günstigen" UK-Import in Norddeutschland habe ich dann einen in Belgien gefunden. Darum bin ich Ony-way hingeflogen und hab mir den geholt. Ein Video davon gibts hier: https://youtu.be/sjD3Q5fStQU. Bei diesem Cappuccino handelte es sich um einen privaten Direktimport aus Japan, was die Chancen, einen mit weniger Rost zu bekommen, doch deutlich erhöht. Die Autos haben ab Werk kaum Schutz gegen Rost - Nicht einmal die Falze sind abgedichtet. Man kann sich vorstellen, was ein englischer Winter mit dem dünnen Blech anstellt...

 

Mein Exemplar wurde 2005 nach Belgien geholt. Zu dem Zeitpunkt hatte er 22000km drauf. Ich bekam das Auto 2018 mit 42800km. Wieviele Vorbesitzer sich die knapp 20000 europäischen Kilometer geteilt haben, lässt sich leider nicht mehr sagen. Er wurde irgendwann mal bei Classicpark in Holland angeboten/verkauft. Albion Motorcars in Belgien hat ihn sogar immer noch auf der Homepage unter Cars sold (http://www.albionmotorcars.com/sold/detail/255/suzuki-cappuccino-1995) Die Kilometer sind allerdings nachweisbar, da die Belgier alle Jahre den KM-Stand angeben müssen und der Dokumentiert wird. 43tkm in 23 Jahre ist also gerade mal eingefahren ;)

Galerie

Karosserie

4.0 von 5

Fahrzeige der Keijidosha Klasse (Jap. für Leichtautomobil) müssen sich an vorgegebene Maße halten. Deshalb ist der Cappuccino auch nur 330cm lang, 140cm Breit und 120cm hoch. Der Platz für den Fahrer/Beifahrer ist in Ordnung. Kofferraum gibts auch - Der ist für die Größe des Autos auch ok. Allerdings muss man sich entscheiden - Offenfahren oder Gepäck im Kofferraum. Da das 3 Teilige Dach beinahe den kompletten Kofferraum beansprucht, muss das Gepäck für den Urlaub eben hinter die Sitze. Lässt man die Heckscheibe oben, hat man da einen recht sicheren Platz dafür.

Auch hier gibts Video: https://youtu.be/kWUCTF9xanQ

 

Das Platzangebot vorne ist ebenfalls in Ordnung. Ein MX-5 (NA,NB) hat nicht viel mehr. Man sollte nur nicht größer als 190cm sein und Autos mögen, die wie angegossen passen :)

 

Damit mir das Fahrzeug nicht genauso schnell wegrostet, wie die Kollegen in England, habe ich selbst einen Unterboden aufgesprüht und die Hohlräume konserviert. Teroson ist zwar gut und lässt sich leicht verarbeiten, aber ausgesehen hat es echt nicht schön. Aber immerhin passt die Farbe zum Namen des Autos ;)

Testkriterien
Platzangebot vorn: eng geräumig
Platzangebot hinten: eng geräumig
Kofferraum: klein groß
Übersichtlichkeit: schlecht gut
Qualitätseindruck: minderwertig hochwertig
Fazit - Karosserie
  • + Sehr leicht - Nur 720KG
  • + 330cm Lang, 140cm breit und 120cm hoch
  • + Zu kleine Parkplätze gibt´s nicht mehr
  • - Rostschutz ab Werk unzureichend
  • - Kaum Platz im Kofferraum bei geöffnetem Dach
  • - Man wird im Straßenverkehr ganz gern mal übersehen

Antrieb

4.5 von 5

Unter Einfluss des Turboladers bringt es der 660ccm 3 Zylinder auf stolze 64 PS. Das Drehmoment liegt bei brachialen 86 Newtonmeter - So manch ein Pedalec hat mehr Drehmoment ;P Aber wie so oft spiegeln die Daten nicht immer den Fahrspaß wieder.

 

660ccm mit 64 PS ist seit 1998 das Maximum für Fahrzeuge dieser Klasse. Zudem müssen Kei-Cars (Keijidosha ist japanisch für Leichtautomobil) bei 135km/h elektronisch abgeregelt sein. Ob man wirklich schneller als 135 Fahren will, ist fraglich.... "Pedal to the Metal" funktioniert hier jedenfalls super als Tempomat, da eben nicht mehr geht :D Dann wird aber auch nix aus den 5 Litern Verbrauch ;)

 

In Japan darf man mit einem Kei-Car übrigens nicht schneller als 100 fahren. Erkennbar sind Kei-Cars ja an den gelben Nummerntafeln. Somit sieht auch die Polizei gleich, wer darf und wer nicht.

Galerie
Testkriterien
Motorleistung: schwach stark
Durchzug: unelastisch elastisch
Drehfreude: zäh agil
Getriebe/Schaltverhalten: schlecht gut
Verbrauch: durstig effizient
Reichweite: gering hoch
Fazit - Antrieb
  • + Turbolader
  • + Kerniger Sound (wie ein halber 6 Zylinder eben :) )
  • + Unter 100km/h sparsam - ca 5 Liter / 500km Reichweite
  • + Drehzahlmesser bis 12.000 upm, regelt bei 9500 upm ab
  • + Günstige Versicherung
  • - Ölwechselintervall: 12 Monate / 6000km

Fahrdynamik

5.0 von 5

Ich möchte bewusst auf den Ausdruck "Fährt sich wie ein Gokart" verzichten, denn kein straßenzugelassenes Auto fährt wie ein Gokart! :P Aber viel kleiner und weniger gehts wirklich fast nicht mehr (außer in einem Super 7 vielleicht).

Das Fahrzeug lässt sich trotz des alters noch sehr präzise Steuern. Die Beschleunigung wird mit 8,5 Sek und teilweise mit 12 Sek. angegeben... Ich kann dazu nur sagen, dass beides nicht stimmt. Ich behaupte, er brauch knapp 10 Sekunden auf 100, was den Fahrspaß aber in keiner Weise stört. Das Geschwindigkeitgefühl in dem Wagen ist super! Man denkt, man fährt 80 im Dorf, dabei hat mal gerade mal 40 drauf. Der Motor dreht bis 9500upm und klingt dabei kernig und beinahe Kraftvoll.

Nur der Auspuff könnte noch etwas lauter sein.

 

Leider gibt´s kaum Zubehör mit TÜV-Gutachten, was das legale Tuning etwas schwierig macht. Allerdings hat mich in den 2 Jahren noch keine Verkehrskontrolle rausgezogen...

Testkriterien
Wendekreis: groß klein
Beschleunigung: langsam schnell
Lenkung: schwammig direkt
Bremsen: schwach standfest
Fahrverhalten: unausgeglichen ausgeglichen
Kurvenverhalten: unsicher sicher
Wendigkeit: träge agil
Fazit - Fahrdynamik
  • + sehr direkt
  • + Trotz 165/60/14 gutes Kurvenverhalten
  • - 0-100 um die 10 Sekunden
  • - Fahrwerk könnte etwas straffer sein (liegt aber wsl am alter...)
  • - Schaltung könnte etwas direkter sein (Könnte aber auch am alter liegen....)

Komfort

4.5 von 5

Rechtsgelenkte Autos in kontinental Europa zu fahren muss man mögen. Mit seinen 140cm breite kommt man im Alttag ganz gut zurecht. Überholen ist da eher nicht so problematisch. Schwieriger wirds da schon bei Drive-In oder Parkgarage.... Ich habe mir eine Kamera-Teleskopstange so umgebaut, dass man vorne eine Karte befestigen kann. Damit bin ich dann problemlos zum Parkautomaten rübergekommen, um die Karte vor den Sensor zu halten. Bei öffentlichen Garagen, wo man eine Karte ziehen muss, gehts allerdings nicht mehr... Hier muss man aussteigen oder bei offenem Dach rübergreifen. Ist das Dach geschlossen, kommt man auf Grund der geringen Höhe das Fahrzeugs nur schwer an die Karte ran.

 

Da das Originale Lenkrad (vermutlich wegen fehlender Servolenkung) recht groß ist, habe ich mir ein 330cm Nardi eingebaut. Damit steigt die Beinfreiheit doch nochmal ein gutes Stück an. Der Cappuccino verfügt übrigens sogar über eine höhen und längsverstellbare Lenksäule!! ...der MX-5 hat das erst seit dem ND! :P

 

Soweit ich weiß, hatten alle 27000 Cappuccinos eine Klimaanlage drin. Die funktioniert auch nach 23 Jahren noch super! Das kleine Interieur braucht auch nicht viel. Man merkt aber, wenn der Klimakompressor anspringt und plötzlich "15 PS" fehlen.... ^^

 

Die Lautsprecher sitzen im Fußraum in einer nach allen Seiten offenen Halterung. Guten Klang sucht man daher vergebens. Auch der Tausch der Headunit und der Lautsprecher half da kaum. Mit offenem Verdeck ist das dann aber sowieso hinfällig und man fährt den kleinen ja sowieso nur bei gutem Wetter.

 

Auf Grund des sehr kurzen Hecks sind die Luftverwirbelungen hinter dem Auto recht stark. Da er auch auch kein Windschott hat (und es auch keines gab), "ziehts" von hinten recht stark rein. Auch das oben lassen der Heckscheibe hilft hier nicht. Man muss sich halt dann dementsprechend warm einpacken, wenn man bei 5 Grad im Herbst unbedingt offen fahren muss... #roadsterlife

Galerie
Testkriterien
Federung (sportlich): schlecht abgestimmt gut abgestimmt
Sitze vorn: unbequem bequem
Sitze hinten: unbequem bequem
Innengeräusche: laut leise
Bedienung: kompliziert intuitiv
Heizung/Klimatisierung: schwach wirkungsvoll
Fazit - Komfort
  • - Kein Windschott verfügbar
  • - Rechslenker

Emotion

5.0 von 5

 

Testkriterien
Design: langweilig attraktiv
Temperament (sportlich): ausbaufähig realisiert
Image: negativ positiv
Fazit - Emotion
  • + Unglaublich Spaßig
  • - In Europa leider doch recht unbekannt

Unterhaltskosten

KFZ-Steuer pro Jahr 100-200 Euro
Verbrauch auf 100 km 5,0-5,5 Liter
Inspektionskosten pro Jahr bis 100 Euro
Gebrauchtwagengarantie keine vorhanden
Versicherungsregion (PLZ) 6167
Haftpflicht bis 200 Euro ()

Gesamtfazit zum Test

Aus diesen Gründen kann ich den empfehlen:

Personen, die nicht größer als 190cm sind und gerne etwas ausgefallenes, seltenes und sehr spaßiges fahren wollen, denen kann ich den Suzuki Cappuccino nur empfehlen. Ich hatte in den 2 Jahren und 14000km keine Probleme damit. Beim letzten Tüv waren die Spurstangenköpfe zu tauschen. Die kosteten gerade mal 6 € Pro Seite (Material).

 

Bis auf die sehr häufigen Ölwechsel und einer guten Rostvorsorge braucht der kleine eigentlich nichts. Die Ölwechsel sollte man aber unbedingt einhalten, da der Motor sehr hoch dreht. Der Turbo dankt es einem vermutlich auch. Normale 10w40 reicht ihm aber.

 

Die Ersatzteilversorgung ist (noch) gut und auch die Werkstätten haben mit der Großserientechnik kein Problem. Viele Ersatzteile werden in anderen Fahrzeugen aus der Zeit verwenden - Einige davon waren auch in Europa erhältlich (Wagon R, Alto, Swift).

Man sollte sich aber trotzdem ein Werkstadthandbuch (Eng) organisieren, da es sich doch um ein altes Auto handelt. Mir hat es bei der Typisierung geholfen, da es beim F6A einen Abgastest-Modus gibt, der mittels Widerstand aktiviert wird. Damit passen die Abgaswerte dann auch :P

 

Orange Blinker und ein KM/H Tacho sind Anzeichen für ein original Japanisches Modell - Danach sollte man Ausschau halten. Der Zustand dieser ist meist deutlich besser, als die der ca 600 Fahrzeuge, die in England noch unterwegs sind... 1111 sinds dort mal gewesen :(

Gesamtwertung: 4.5 von 5
Das Testfahrzeug erhielt im Test durchschnittlich 4.5 von 5 möglichen Sternen
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