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Mercedes E-Klasse W212 350 CGI Test

11.05.2017 01:53    |   Bericht erstellt von captmcneil

Testfahrzeug Mercedes E-Klasse W212 350 CGI
Leistung 292 PS / 215 Kw
Hubraum 3498
HSN 1313
TSN BGZ
Aufbauart Limousine
Kilometerstand 75000 km
Getriebeart Automatikschaltung
Erstzulassung 8/2010
Nutzungssituation Privatwagen
Testdauer mehr als ein Jahr
Gesamtnote von captmcneil 4.0 von 5
weitere Tests zu Mercedes E-Klasse W212 anzeigen Gesamtwertung Mercedes E-Klasse W212 (2009 - 2015) 4.5 von 5
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Einleitung

Ich habe das Fahrzeug im April 2017 gebraucht gekauft, als Nachfolger meines CLK 200K, da ich einfach ein neueres Fahrzeug mit besserer Innenausstattung und etwas mehr PS wollte.

Galerie

Karosserie

4.0 von 5

Auch wenn die Abmessungen im Vergleich der Vorgängergeneration nicht viel größer sind, fühlt sich der Wagen breiter und sperriger als die Vorgänger W211 und C219 an, Tiefgaragen sind unangenehm. Dafür sitzt man auch hinten sehr bequem und hat ordentlich Platz - da ist die echte Oberklasse nicht so viel besser. Auch verglichen mit dem Nachfolger W213 ist der W212 doch noch etwas geräumiger.

 

Wenn man schon beim CLK eine Einparkhilfe ganz nett findet, dann kommt man hier definitiv nicht mehr ohne aus. Eine Rückfahrkamera ist ein großes Plus.

 

Der Qualitätseindruck ist gut, es ist aber nicht schwer, einen W212 von innen "billig" aussehen zu lassen, gerade in der Mittelkonsole beim Vormopf - hier kommt es auf die Ausstattung an: mit Exclusive und Voll-Leder weine ich dem 209 nicht hinterher. Mit Serienausstattung wirken jedoch zumindest auf mich der kleinere W205 und der Nachfolger W213 deutlich hochwertiger.

 

Die Lederausstattung wirkt sehr hochwertig, nach 8 Jahren war bei mir selbst der Fahrersitz noch neuwertig: keine Falten, keine abgenutzten Flanken, nichts verfärbt - trotz heller Farbe.

 

Dass aber beispielsweise die Holzzierblenden schon beim Kauf komplett verblichen waren, tut dem Gesamteindruck nicht gut.

 

Rost scheint kein großes Problem mehr, die DC-Ärea ist überwunden. Insgesamt scheint die W212er E- und W204er C-Klasse recht gut zu altern.

 

Der größte Fortschritt ist eindeutig im Fahrwerk, der Lenkung und dem Raumgefühl zu erkennen. Der W212 ist ein geräumigeres und gleichzeitig dynamischeres Fahrzeug geworden.

Testkriterien
Platzangebot vorn: eng geräumig
Platzangebot hinten: eng geräumig
Kofferraum: klein groß
Übersichtlichkeit: schlecht gut
Qualitätseindruck: minderwertig hochwertig
Fazit - Karosserie
  • + Üppiges Platzangebot, gerade hinten, mit Oberklasseambitionen
  • + Ordentliche Verarbeitung
  • - Anmutung im Internieur je nach Ausstattung etwas lieblos
  • - Wirkt sperriger als der W211

Antrieb

3.5 von 5

Der E350 verfügt über einen 3.5l V6 (M272), in meinem Fall mit CGI-Direkteinspritzung. Also kein Turbo, und für knapp 300PS relativ wenig Druck. Manche mögen sich fragen, wo bitteschön die 300PS sind; ein BMW 335d geht mit 260PS deutlich besser vorwärts.

Dafür hat man die Qualitäten eines Saugers mit viel Hubraum in Form von Drehfreude und linearem Durchzug.

 

Ab 4000 Umdrehungen kommt auch ein kerniger Sound, aber soundtechnisch hat der Motor leider nicht nur Stärken. Speziell die Direkteinspritzung sorgt für Nebengeräusche: sie bringt zwar ca. 20 PS, allerdings nur obenrum - sowie nerviges Diesel-Tickern im Leerlauf. Dafür spart sie Sprit: unter 10l auf 100km sind gut möglich.

 

Wenn ich nochmal die Wahl hätte, würde ich mich für die 272PS-Variante entscheiden, auch weil der Tausch der Hochdruckpumpe richtig ins Geld geht (3000€). Ich habe den Eindruck, dass die CGIs speziell für den Flottenverbrauch und das Marketing ("1000 km mit einer Tankfüllung") konstruiert wurden, und in der realen Welt, außer für Vielfahrer mit über 30tkm p.A., keinen Mehrwert bieten.

 

Das Getriebe, die 7G, schaltet für einen Wandler relativ schnell, dafür permanent, und ist offenbar speziell bei den 350er CGIs anfällig für Schaltruckler. Adaption, Ölwechsel, alles ohne Erfolg. Stichworte: Softwareprobleme mit der Ventilsteuerung und die EHS. Die alte 5 Gang-Automatik hat sich solche Blöße nicht gegeben; für mich der größte Minuspunkt am Fahrzeug. Bei der Probefahrt sollte das Getriebe unbedingt warm gefahren, und ausgiebig getestet werden.

 

Wenn alles funktioniert, ein tolles Erlebnis, aber für die Qualitätsmängel würde ich dem Antrieb am liebsten anderthalb Sterne abziehen.

Testkriterien
Motorleistung: schwach stark
Durchzug: unelastisch elastisch
Drehfreude: zäh agil
Getriebe/Schaltverhalten: schlecht gut
Verbrauch: durstig effizient
Reichweite: gering hoch
Fazit - Antrieb
  • + Schöner 6-Zylinder-Sauger
  • + Verbauch absolut okay für einen Sauger
  • - Kompizierte, unruhige 7G-Automatik
  • - Geräusche und hohe Reparaturkosten durch CGI-Technologie

Fahrdynamik

4.0 von 5

Der W212 ist ein großes, schweres Fahrzeug. Mein alter W209 CLK ist dem W211 nicht sehr fremd gewesen, und Leergewichte jenseits der 1.8t sind mir bekannt - und trotzdem muss ich feststellen, dass die W212 Limousine kompromisslos auf Komfort ausgelegt ist. Was eine gute Sache ist, dafür kauft man dieses Auto. Und als E-Coupé mit AMG-Paket kommt auch wieder die Sportlichkeit - ich beschränke mich in dieser Beschreibung jedoch auf die komfortable Limousine als Elegance.

 

Die klassischen Tugenden von MB, wie Praktikabilität in Form eines kleinen Wendekreis, gutmütigem Fahrverhalten, usw. kommen nicht zu kurz. Die Parameterlenkung ist direkt genug, gleichzeitig ist das Fahrzeug auf der Autobahn absolut nicht nervös. Allerdings bietet die Lenkung recht wenig Feedback (wie zu erwarten). Das Fahrwerk schafft den Spagat zwischen Komfort und Dynamik gut genug, um zumindest ein Grundgefühl für den Grip der Hinterräder zu bekommen.

 

Insgesamt ist das Fahrwerk mit das beste am Auto, hier merkt man den Fortschritt zum W203/211/209/219er. Komfort und Ruhe, aber nicht schwammig. Perfekt. Wundervoll.

Testkriterien
Wendekreis: groß klein
Beschleunigung: langsam schnell
Lenkung: schwammig direkt
Bremsen: schwach standfest
Fahrverhalten: unausgeglichen ausgeglichen
Kurvenverhalten: unsicher sicher
Wendigkeit: träge agil
Fazit - Fahrdynamik
  • + Tolle Bremsen
  • + Viel Komfort ohne schwammig zu sein
  • - Wenig Feedback, besonders durch die Lenkung. Da ist der 213er besser.
  • - Nervige 7G Automatik, die ZF 8-Gang von BMW und Alfa ist hier Welten besser

Komfort

5.0 von 5

Ein Wort: Wundervoll.

Testkriterien
Federung (komfortabel): schlecht abgestimmt gut abgestimmt
Sitze vorn: unbequem bequem
Sitze hinten: unbequem bequem
Innengeräusche: laut leise
Bedienung: kompliziert intuitiv
Heizung/Klimatisierung: schwach wirkungsvoll
Fazit - Komfort
  • + Perfekter Komfort. Hier kann man wirklich nichts aussetzen. Selbst der 213er ist einen tick sportlicher ausgelegt und schafft es erst mit Luftfahrwerk, an den Komfort ranzukommen.
  • + Intuitive Bedienung des großen Command-Systems aus meiner Sicht; ich musste nie das Handbuch konsultieren. Natürlich ist nach 10 Jahren das Navi veraltet, aber ansich ist das System ganz gut gealtert.
  • + Von der Geräuschdämmung ist der W212 auch dem Nachfolger W213 mindestens ebenbürtig, wenn nicht überlegen.
  • - Wenn ich ein Haar in der Suppe finden muss: der Spurhalteassistent ist unbrauchbar.

Emotion

3.5 von 5

Eine E-Klasse erfüllt 2 Vorurteile. Als alter Diesel gilt das Fahrzeug als Dauerläufer und Taxi; man fährt Quasi einen Held, die Inkarnation deutscher Automobilkunst. Auch der W211 mag mittlerweile dazu gehören.

 

Die modernen Varianten sind halt einfach (noch) etwas langweilige, spießige Oberklassefahrzeuge. Emotion ist sicherlich nicht die Stärke des W212. In Sachen Image ist halt immer die Frage, wen man beeindrucken möchte...

 

Das Design vom W212 ist interessant, und insbesondere als Vor-Facelift polarisierend; wenn man einen besitzt, wird man das Design verteidigen, ansonsten kann man es auch hassen. Auf jeden Fall ist es nicht langweilig, in der heutigen Zeit eine seltene Eigenschaft. Die meisten werden sicherlich mit dem Facelift glücklicher.

 

Ich entschuldige mich für die unklaren Äußerungen hier, aber wenn man vom W209 kommt, ist es einfach schwierig, hier über Design zu reden :-)

Testkriterien
Design: langweilig attraktiv
Temperament (komfortabel): ausbaufähig realisiert
Image: negativ positiv
Fazit - Emotion
  • + Präsenz
  • - Etwas spießig
  • - Barock-Styling des Vor-Mopf gefällt nicht jedem

Unterhaltskosten

Verbrauch auf 100 km über 10 Liter
Gebrauchtwagengarantie keine vorhanden
Werkstattkosten pro Jahr 1.500-3.000 Euro
Versicherungsregion (PLZ) 73760
Haftpflicht bis 200 Euro (45%)
Vollkasko 400-600 Euro 45%
Außerplanmäßige Reparaturkosten Motor/Kraftstoffversorgung/Abgasanlage - Einspritzpumpe/Dieseleinspritzpumpe (4000 €)

Gesamtfazit zum Test

Aus diesen Gründen kann ich den empfehlen:

Im W212 sind die Kinderkrankheiten des 6-Zylinder-Motor M272 (Valeokühler, weiches Kettenrad) behoben. Das Fahrwerk ist ein Traum, und man bekommt ein wunderbar komfortables Fahrzeug.

Die Versicherung ist günstig, deutlich günstiger beispielsweise als der verwandte CLS.

Aus diesen Gründen kann ich den nicht empfehlen:

Das Automatikgetriebe beeindruckt mich speziell in diesem Fahrzeug überhaupt nicht, ich würde jederzeit die 5-Gang aus dem W211, oder sogar einen Schalter bevorzugen.

Auch der Motor ist etwas anfällig: In der Ansaugbrücke brechen gerne Plastikteile ab, trotz Duplexkette können die Nockenwellenverteller die Kette längen, allgemein scheint Ölverlust oder Verbrauch nicht unüblich zu sein. Und die CGIs speziell können extrem teure Schäden entwickeln. Allgemein wirkt die 292PS Variante etwas arg ausgereizt; mit der 272PS-Variante hätte ich weniger Bauchschmerzen.

Gesamtwertung: 4.0 von 5
Das Testfahrzeug erhielt im Test durchschnittlich 4.0 von 5 möglichen Sternen
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Kommentare: 5

Fri Nov 10 12:07:37 CET 2017    |    winsfalke

Hallo,

 

schöner Bericht. Habe den Wagen seit 2014 und er macht mir immer noch riesigen Spaß. Auch weite Strecken, 1800 km kein Problem.:)

Wed Nov 22 08:07:03 CET 2017    |    Gelöscht227351

Ja, ein wirklich runder Bericht.

Fahre genau das Modell und kann das mit der Automatik bestätigen. Ab und an gibt es mal einen Ruckler. Aber für mich zählt in erster Linie der Komfort (+ Image :P)und davon hat der W212 wirklich genug. Ich habe vorher einen Smart fortwo gefahren und das ist schon ein riesen Sprung nach vorne. Leider habe ich jetzt mehr Probleme mit der Parkplatzfindung......

Fri Sep 28 12:05:04 CEST 2018    |    Fritzibass

Aber wir sind uns glaube ich alle einig, dass wir hier auf hohem Niveau jammern.

Ich selbst fahre den MOPF mit dem neuen Motor und dem 7g+ Getriebe und bin vollauf zufrieden.

Schaltvorgänge merke ich eigentlich nur unter Last/Volllast. Ansonsten schließe ich mich captmcneil an.

Komfortabel, nicht so gezwungen Modern wie andere Modelle anderer Anbieter.

Auf jeden Fall ein verlässliches Auto mit dem ich sehr komfortabel und Stressfrei auch längere Strecken bewältigen kann.

Wed Apr 08 19:44:33 CEST 2020    |    captmcneil

Naja, hohes Niveau ist relativ - Schaltverhalten ist schon ein erheblicher Teil des Fahrkomforts. Gerade mit Schaltwippen, diese möchte man halt auch benutzen, ohne einen Tritt ins Kreuz zu bekommen. Aber ich gebe zu, ich bin da extrem pingelig.

 

Nachdem ich mich etwas ausgetauscht habe, habe ich den Eindruck, dass bei den CGIs das Schaltverhalten öfters nicht optimal ist. Irgendwie scheint die EHS dort nicht gut abgestimmt zu sein ... Das als Mangel geltend zu machen, ist aber sehr schwer. In meinem 15 Jahre alten CLS schaltet die 7G (obwohl diese aus der ersten Generation ist) nach einem einfachen Ölwechsel butterweich. Also das Getriebe an sich verteufle ich nicht (mehr).

Tue Nov 21 00:09:43 CET 2023    |    rheinmoses

„ Und als E-Coupé mit AMG-Paket kommt auch wieder die Sportlichkeit“ dumm nur, dass das in Wirklichkeit nur ein C-Klasse Mercedes ist, und furchtbar eng ist er auch noch.

Ich habe ihn gefahren, und dann war mir klar, dass ich auf jeden Fall eine richtige E Klasse brauche.

Fri Jan 05 13:17:37 CET 2024    |    Cadydriver

Hallo captmcneil,

vielen Dank für diese objektive und kompetente Beurteilung.

Ich bin gerade auf der Suche nach einem guten 212er. Dein Testbericht erleichtert mir die Suche nach einem 350er mit dem 272PS-Motor.

Zur Zeit fahre ich noch einen 210er mit 170PS.

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